DSB beschließt Bad Godesberger Resolution zur Hörgeräteversorgung und fordert die Bundesregierung zum Handeln auf


Bad Godesberger Resolution
Einstimmig beschlossen auf der Mitgliederversammlung
am 20.09.2014 in Bonn-Bad Godesberg

Der Deutsche Schwerhörigenbund e.V. (DSB) als Interessenvertretung der schwerhörigen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland protestiert gegen die derzeitigen Fehlentwicklungen bei der Hörgeräteversorgung und fordert die Politik zum Handeln auf. Da die Bundesregierung in diesem und im nächsten Jahr eine Vielzahl von Gesetzesvorhaben auf den Weg bringen möchte, welche die Patientenrechte stärken sollen, fordert der DSB den Gesetzgeber auf, in wichtigen Bereichen korrigierend einzugreifen. Hierzu im Einzelnen:

  1. Festbeträge und Versorgungsverträge

    Aus aktuellem Anlass, da der AOK Bundesverband den vor 10 Monaten mit der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker auf der Basis der neuen Festbeträge geschlossenen Versorgungsvertrag gekündigt hat, um ihn an die aktuellen Marktgegebenheiten anzupassen, fordert der DSB, dass der gesetzlich festgelegte Festbetrag bei den Versorgungsverträgen nicht erheblich (maximal 10%) unterschritten werden darf. Denn ansonsten ist der Festbetrag kein Festbetrag und verliert seinen sinnvollen Nutzen für die betroffenen Patienten. Um die weiter steigende Marktmacht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu regulieren und die Verbraucherinteressen zu schützen, bedarf es wettbewerblicher Regularien.

  2. Verkürzter Versorgungsweg und Abgabe von Hörgeräten durch HNO-Ärzte

    Der DSB bekennt sich eindeutig zur partnerschaftlichen Versorgung durch den HNO-Arzt und den Hörgeräteakustiker. Die Abgabe von Hörgeräten durch den HNO-Arzt lehnt der DSB ab und fordert ein vollständiges Verbot derartiger Vertriebswege. Der HNO-Arzt soll die Diagnose und Kontrolle für Hörgeräteversorgungen tragen, der Hörgeräteakustiker die Hörgeräteanpassung und Nachsorge.

  3. Verordnung von Hörgeräten auch bei Wiederversorgung durch den HNO-Arzt

    Der DSB fordert den gemeinsamen Bundesausschuss auf, bei der Wiederversorgung mit Hörgeräten den Verordnungsvorbehalt über die Kinderversorgung, WHO-4 Versorgung und neu auftretenden Tinnitus hinaus auch für Hörverschlechterungen (ab 10 dB) und für Mehrfachbehinderte (insbesondere für Hör-Seh-Behinderte) sicherzustellen.

  4. Externe Hilfsmittelberater

    Der DSB lehnt es ab, dass die GKV ihre ureigentlichen gesetzlichen Aufgaben zur Überprüfung von Hilfsmittelanträgen an private Dienstleister überträgt. Hoheitliche Aufgaben müssen von der GKV selbst oder hoheitlichen Stellen wie dem medizinischen Dienst (MDK) vorgenommen werden. Der DSB fordert die Aufsichtsbehörde der GKV - das Bundesministerium für Gesundheit - auf, dafür Sorge zu tragen.

  5. Wohnortnahe Hörgeräteversorgung

    Viele ältere schwerhörige und auch mehrfachbehinderte Menschen sind von der wohnortnahen Versorgung mit Hörgeräten ausgeschlossen. Diese kann weder von HNO-Ärzten noch von anderen Anbietern wie Apotheken in der notwendigen Dienstleistungsqualität erbracht werden. Die Wahlfreiheit des Hörgeräteakustikers für die schwerhörigen Menschen muss erhalten bleiben. Die GKV muss eine wohnortnahe Versorgung durch Hörgeräteakustiker mit ihren Versorgungsverträgen sicherstellen.